Aktuelles
26.11.02Eigennutz statt Gemeinwohl
Die Zentralschweizer Gesundheitsdirektorenkonferenz (ZGDK) ist verärgert über das eingereichte Referendum der „assura“-Versicherung. Mit dem Referendum wird der Eigennutz eines Versicherers vor das Allgemeinwohl der Versicherten gestellt. Die assura ging mit irreführenden Argumenten auf Unterschriftenfang. Die ZGDK hält das dringliche Bundesgesetz als unabdingbar. Es garantiert einen massvollen und geordneten Übergang zur vorgesehenen Neuregelung im revidierten Krankenversicherungsgesetz.
Bereits am 9. Februar 2003 wird die Bevölkerung über das dringliche Bundesgesetz über die Anpassung der kantonalen Beiträge für die innerkantonalen stationären Behandlungen nach dem Bundesgesetz über die Krankenversicherung abstimmen. Mit unlauteren Argumenten ist die assura auf Unterschriftenfang gegangen und behauptete bei ihren Versicherten, im Interesse aller Versicherten zu handeln. Es wurde den Eindruck erweckt, alle Versicherten seien durch das dringliche Bundesgesetz betroffen. Sie müssten deshalb höhere Prämien zahlen. Dies ist schlicht falsch. Die alleinigen Betroffenen sind die Zusatzversicherten, deren Prämien durch die im Bundesgesetz vorgesehene Kantonsfinanzierung nicht steigen, sondern sinken werden, wenn die Versicherungen die neu durch die Kantone zu entrichtenden Beiträge in den Prämienberechnungen korrekt weitergeben.
Heute sind noch rund ein Fünftel aller Versicherten in einer Spitalklasse der halbprivaten oder privaten Abteilung versichert. Mit einem Entscheid vom 30. November 2001 des Eidgenössischen Versicherungsgerichts wurden die Kantone angehalten, auch für diese Versicherten bei einer Behandlung in einem öffentlichen oder öffentlich subventionierten Spital einen gleich hohen Finanzierungsanteil zu bezahlen wie für so genannte „Allgemein-Versicherte“. Das Parlament hat sodann im Juni 2002 ein dringliches Bundesgesetz verabschiedet, welches den Finanzierungsanteil der Kantone für Halbprivat- und Privatversicherte schrittweise anhebt und damit für diese zu einer massiven Prämienentlastung beitragen sollte. Finanziert wird dies mit allgemeinen Steuermitteln der Kantone. Das Bundesgesetz sollte die zusätzliche Belastung der Kantone und damit der Steuerzahlerinnen und –zahler massvoll gestalten. Das Gesetz wurde deshalb vom Bundesparlament einstimmig angenommen. Es ist auf Ende 2004 befristet, in der Annahme, dass danach das revidierte Krankenversicherungsgesetz in Kraft treten wird, welches die Spitalfinanzierung grundsätzlich neu regeln soll.
Das Referendum der assura stellt nun diesen sinnvollen Kompromiss über die Finanzierung der Behandlung von Privat- und Halbprivatversicherten in Frage. Für diese Versicherten zahlen die Kantone gemäss Bundesgesetz via Steuergelder im laufenden Jahr rund 300 Mio. Franken, im Jahr 2003 rund 400 Mio. Franken und 2004 rund 500 Mio. Franken für Spitalbehandlungen. Eine Ablehnung des Bundesgesetzes hätte zur Folge, dass ab Juni 2003 die Kantone auf einen Schlag die gleichen Kosten wie für Allgemein-Versicherte übernehmen müssten, was für das Jahr 2004 rund 700 anstatt 500 Mio. Franken bedeuten würde. Die Gesundheitsdirektorinnen und –direktoren der Zentralschweiz sprachen sich an ihrer Konferenz klar gegen diese unnütze Zwängerei aus. Sie sind der Ansicht, dass im Bereich der Krankenversicherung genügend Lasten durch die Kantone getragen werden müssen und die Bevölkerung ausreichend verunsichert ist. Sie begrüssen deshalb auch, dass der Dachverband der Versicherer (santésuisse) ebenfalls gegen das Begehren der assura Stellung bezogen hat.
Klare Haltung der Zentralschweiz bei der Einschränkung der Zulassung von Leistungserbringern
Die Zentralschweiz ist offenbar die einzige Region der Schweiz, welche die bundesrätliche Verordnung über die Einschränkung der Zulassung von Leistungserbringern zur Tätigkeit zu Lasten der obligatorischen Krankenpflegeversicherung konsequent umsetzt. Nur in absoluten Ausnahmefällen will sie den Medizinalpersonen nachgelagerte Leistungserbringer vom Zulassungsstopp ausnehmen. Die ZGDK vertritt die Auffassung, dass die Verordnung des Bundesrates - worin die maximale Anzahl der Leistungserbringer gemäss Kantonen, Regionen und gesamtschweizerisch aufgelistet ist - genügend Spielraum bietet, um die Versorgung in den Kantonen in der Zentralschweiz sicherzustellen. Eine konsequente Umsetzung kann als klares politisches Signal verstanden werden, die Leistungsausweitung einzudämmen. Die Zentralschweiz liegt zwar in der Regel unter dem schweizerischen Durchschnitt. So liegt z. B. die Ärztedichte bei den Allgemeinmedizinern deutlich unter dem schweizerischen Mittel. Trotzdem soll gerade die Zentralschweiz das Ziel der Kosteneindämmung nicht aus den Augen verlieren.
Gesundheitspolitik der Zentralschweiz zur Zulassung von Berufen der Komplementärmedizin
Die Zentralschweizer Gesundheitsdirektorinnen und –direktoren haben zudem beschlossen, bei künftigen Neuregelungen der Gesundheitsgesetzgebungen die Berufe der Komplementärmedizin nach Möglichkeit nicht mehr der gesundheitspolizeilichen Bewilligungspflicht der Kantone zu unterstellen. Sie empfiehlt damit, den Empfehlungen der Schweizerischen Sanitätsdirektorenkonferenz (SDK) zu folgen, wonach die Bewilligungspflicht künftig auf solche berufliche Tätigkeiten des Gesundheitswesens zu beschränken seien, bei denen die staatliche Aufsicht und Eingriffsmöglichkeiten angezeigt sind. Dies sind:
- alle medizinischen Tätigkeiten, die nach den Erkenntnissen der anerkannten Wissenschaften ausgeübt werden, d.h. deren Wirksamkeit nach wissenschaftlichen Methoden nachgewiesen ist;
- Berufe, die nach dem Bundesgesetz über die Krankenversicherung (KVG) zur Tätigkeit zu Lasten der obligatorischen Krankenpflegeversicherung berechtigt sind;
- sonstige medizinische Verrichtungen mit besonderem Gefährungspotenzial.
Selbstverständlich sind die Kantone im Rahmen der Kompetenzenregelung zwischen Bund und Kantonen bei den Gesundheitsberufen frei, welche sie der Bewilligungspflicht unterstellen wollen oder nicht. Insgesamt wurde jedoch deutlich, dass die Gesundheitsdirektorinnen und –direktoren der Zentralschweiz in diesem Bereich eine Liberalisierung anstreben.
LA Dr. Leo Odermatt, Präsident ZGDK, 041 618 76 02
Andreas Scheuber, Sekretär ZGDK, 041 618 76 01