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18.05.06Grenzwerte für Luftschadstoffe auch 2005 in der Zentralschweiz häufig überschritten
Die Anzahl Überschreitungen der Grenzwerte und die Schadstoffkonzentrationen sind 2005 im Vergleich zum Vorjahr etwa gleich geblieben. Die Feinstaub- und Ozonwerte stagnieren aber auf hohem Niveau. Weitere Massnahmen sind notwendig. Der extreme Wintersmog im Januar und Februar 2006 hat dies deutlich aufgezeigt. Die Zentralschweizer Kantone erarbeiten ein Interventionskonzept.
Das Jahr 2005 war im Vergleich zum Jahrhundertsommer 2003 und dem Wintersmog 2006 insgesamt gesehen ein eher durchschnittliches Jahr (vgl. Jahresbericht inLuft 2005). Trotzdem wurden die Grenzwerte bezüglich Ozon und Feinstaub sowie auch Stickoxiden nach wie vor häufig überschritten. Klimatisch am auffälligsten waren das Hochwasser Norbert im August sowie der sehr trockene Herbst, was aber die Luftimmissionen wenig beeinflusst hat.
Die Luftschadstoffe im Überblick
Ozon: Bezüglich Ozon sind die Werte im Vergleich zum Vorjahr leicht angestiegen. Dies trifft sowohl bei den Spitzenwerten als auch bei der Anzahl der Grenzwertüberschreitungen und der schädlichen Dosis zu. Die Rekordwerte des Ausnahmesommers 2003 wurden glücklicherweise nicht erreicht. Bei allen Standorten wurden die Grenzwerte jedoch zu häufig überschritten. Zur Einhaltung der Grenzwerte sind nach wie vor massive Senkungen der Stickoxide und flüchtigen Kohlewasserstoffe notwendig, welche im Sommer das Ozon bilden.
Feinstaub (PM10): Beim Feinstaub ist nach wie vor ein hohes Immissionsniveau vorhanden. Damit bleiben die Grenzwerte bei allen Standorten überschritten, zum Teil sogar deutlich. Im Vergleich zum Vorjahr sind die Werte gleich geblieben oder haben leicht zugenommen. Dadurch bleibt der Handlungsbedarf für die Reduktion dieses gesundheitsgefährdenden Schadstoffes unvermindert hoch, was durch die extremen Immissionen im Januar und Februar dieses Jahres eindrücklich verdeutlicht wurde. Klimatische Extremsituationen begünstigen die hohen Konzentrationen.
Stickstoffdioxid (NO2): Nach der deutlichen Abnahme Ende des letzten Jahrhunderts, setzt sich auch im Jahr 2005 der uneinheitliche Trend fort. Im Vergleich zum Vorjahr wurde nun insgesamt wieder eine leichte Zunahme beobachtet. Die Jahresmittelwerte wurden insbesondere bei den Messstationen in besiedeltem Gebiet überschritten. Wegen seiner Eigenschaft als Vorläuferschadstoff für die Ozonbildung sowie den Grenzwertüberschreitungen in der Nähe der Schadstoffquellen besteht für Stickstoffdioxid also nach wie vor Handlungsbedarf.
Interventionskonzepte für extreme Belastungen
Die dramatische Immissionssituation im vergangenen Winter hat Fachleute, Bevölkerung und Medien gleichermassen aufgerüttelt.
Schweizweit sind Arbeitsgruppen daran, Interventionskonzepte für Sofortmassnahmen bei massiven Überschreitungen der Grenzwerte zu definieren. Da die Luftschadstoffe in der Regel aus verschiedensten Quellen stammen, genügen einzelne Massnahmen nicht. Interessant sind vor allem Massnahmen im Bereich der Holzfeuerungen (vgl. Hintergrund 1), dem Grünabfallverbrennen, den Verkehrsemissionen und der Landwirtschaft. Die ZUDK hat den Auftrag erteilt, bis nächsten Herbst ein Interventionskonzept zu erarbeiten, welches je Schadstoff die kurzfristige Auslösung von Sofortmassnahmen erlaubt. Zudem sollen die rechtlichen Grundlagen dazu geschaffen werden.
Die kurzfristigen Sofortmassnahmen können die Luftbelastung aber nicht nachhaltig verbessern sondern tragen nur zur kurzfristigen Verminderung bei. Die ZUDK hat vom Bundesrat verlangt, den Aktionsplan Feinstaub in Kraft zu setzen. Parallel dazu werden als Ergänzung zum bestehenden Massnahmenplan neue Massnahmen geprüft, welche langfristig eine Reduktion des Ausstosses von Luftschadstoffen ermöglicht.
Bei den organischen Luftschadstoffen tut sich was
VOC (Volatile Organic Compounds) sind flüchtige organische Verbindungen, die gasförmig in die Luft gelangen können. Kohlenwasserstoffe sind als wichtige Vorläufersubstanzen zusammen mit den Stickoxiden am Ozonbildungsprozess in Bodennähe beteiligt. Einige Kohlenwasserstoffe (halogenierte) hingegen zerstören die Ozonschicht in der Stratosphäre und wirken auch als Treibhausgase. Weitere Verbindungen weisen gesundheitsschädigende Wirkungen auf, (z.B. Benzol vgl. Hintergrund 2).
Seit 1980, als die VOC-Emissionen in der Schweiz einen Höchststand erreichten, sind sie um ca. 50% zurückgegangen. Zu den Hauptemittenten von VOC gehören Industrie- und Gewerbebetriebe. Verkehr, Land- und Forstwirtschaft sowie Haushaltungen sind weitere Emissionsquellen.
Die VOC-Immissionen nahmen seit Ende der 80er Jahre um rund die Hälfte ab. Zu den Massnahmen, die zu diesem Erfolg führten, zählen neben dem Vollzug der Luftreinhalteverordnung u.a.:
- Katalysatorpflicht für Benzinfahrzeuge
- Emissionsreduktion beim Umschlag von Treibstoffen (Gaspendelung)
- Verschärfte Abgasvorschriften für Fahrzeuge
- Senkung des Benzolgehaltes im Benzin von 5% auf 1% auf den 1. Januar 2000
- Einführung der Lenkungsabgabe auf VOC.
Um die Ozongrenzwerte einhalten zu können, müssen die VOC-Emissionen noch einmal um 50% reduziert werden können.
Hintergrund 1: Reduktion der Emissionen von Holzfeuerungen
Zu den Verbrennungspartikeln tragen die Holzheizungen zu 18%, die offene Verbrennung zu 16% bei. Holzheizungen und offene Verbrennung verursachen zusammen annähernd gleich viel Feinstaub wie die Dieselmotoren, welche 39% der Verbrennungspartikel ausmachen.
Die Holzheizungen verursachen ein Mehrfaches an Feinstaub wie sämtliche Öl- und Gasheizungen, obwohl sie einen geringeren Anteil zur Wärmeerzeugung leisten. In Bezug auf die Überschreitung der Feinstaubgrenzwerte wird die Bedeutung der Holzheizungen noch dadurch verschärft, dass sie während der bezüglich Feinstaub kritischen kalten Jahreszeit betrieben werden und ihre Emissionen zudem im Siedlungsraum anfallen.
Das Hauptproblem stellen alte sowie falsch betriebene Holzheizungen dar.
Bei kleineren Holzfeuerungen schlägt der Bund vor, dass neue Anlagen nur noch in Verkehr gebracht werden können, wenn ihre Konformität mit den entsprechenden Produktenormen der EU nachgewiesen ist und die speziellen, schweizerischen Grenzwertanforderungen für Kohlenmonoxid und Feinstaub erfüllt sind.
Für die kleineren Holzfeuerungen ist vorgesehen, dass in der Zentralschweiz zukünftig periodische Anlagekontrolle obligatorisch sind. Durch diese Sichtkontrolle soll einerseits das Verbrennen von Abfall zu verhindert und andererseits den Betrieb der Holzfeuerungen zu verbessert werden.
Hintergrund 2: Portrait Benzol und Toluol
Benzol ist aus gesundheitlicher Sicht wegen seiner krebserzeugenden Wirkung von besonderer Bedeutung. Es ist eine farblose Flüssigkeit mit charakteristischem aromatischem Geruch. Wegen seines hohen Dampfdrucks (100 hPa bei 20°C) gelangt es leicht in die Umgebungsluft. Benzol ist ein Ausgangsstoff für eine Vielzahl von Produkten wie Kunststoffe, Harze, Pflanzenschutzmittel, Farbstoffe oder Waschmittel. Benzol ist auch ein Bestandteil von Treibstoffen.
Toluol (Methylbenzol) ist eine farblose, aromatisch riechende Flüssigkeit mit einem Siedepunkt von 111°C. Es kommt ebenfalls im Motorenbenzin vor, wird aber auch in Gewerbe und Industrie als Lösemittel eingesetzt. Da Toluol in grossen Mengen emittiert wird und ein grosses Ozonbildungspotenzial aufweist, ist es eine wichtige Vorläufersubstanz für die sommerliche Ozonbildung.
Für beide Substanzen existieren in der Schweiz keine Immissionsgrenzwerte, währenddem die EU für Benzol einen Jahresmittelwertgrenzwert von 5 µg/m3 festgelegt hat. Für beide Stoffe sieht die LRV aber vorsorgliche Emissionsgrenzwerte und Betriebsvorschriften bei Anlagen zum Umschlag von Benzin vor. Für Benzol gilt überdies das Minimierungsgebot, d.h. die Emissionen müssen weiter begrenzt werden, auch wenn die Emissionsgrenzwerte eingehalten sind.
Die Benzol-Emissionen stammen zu ca. 75 % vom motorisierten Strassenverkehr, der grösste Teil davon von Fahrzeugen mit Benzinmotoren (vgl. Tabelle). Weitere 11 % können indirekt dem motorisierten Verkehr zugerechnet werden (Umschlag und Lagerung von Treibstoffen). Aufgrund bereits beschlossener Massnahmen wird eine Emissionsreduktion von rund 50 % bis ins Jahr 2010 prognostiziert (Bezugsjahr 2000).
Auskunft
Sekretariat der Umweltdirektionen der Zentralschweizer Kantone
AfU Schwyz, Postfach 2162, 6431 Schwyz, Tel. 041 819 20 35, afu.di@sz.ch