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30.06.04Eine interkantonale Kulturlastenvereinbarung für den Raum Zentralschweiz-Zürich
Regierungsvertreter der Kantone Zürich, Luzern, Schwyz und Zug haben eine interkantonale Kulturlastenvereinbarung ausgehandelt, die im Sommer 2003 von allen beteiligten Regierungen genehmigt wurde. Sie regelt die gegenseitige Beteiligung dieser Kantone an den ungedeckten Kosten von überregionalen Kultureinrichtungen. Die Vereinbarung hat Pilotcharakter im Hinblick auf den interkantonalen Kulturlastenausgleich als Teil der angestrebten Neugestaltung des Finanzausgleichs und der Aufgabenteilung zwischen Bund und Kantonen (NFA). Damit die Vereinbarung in Kraft treten kann, muss sie zunächst von allen vier Kantonsparlamenten behandelt und gutgeheissen werden.
Mit der Vereinbarung soll erstmals die interkantonale Zusammenarbeit im Bereich der überregionalen Kultureinrichtungen verbindlich festgeschrieben werden. Der Kanton Zug hat dafür eine Pionierrolle übernommen: Er leistet seit der Spielzeit 1998/99 jährliche Beiträge an die kulturellen Zentrumslasten von Zürich und Luzern im Gesamtbetrag von einer Million Franken. Davon ausgehend haben die Regierungen der Kantone Zürich und Luzern als Anbieter sowie von Schwyz und Zug als Mitnutzer (neben anderen) eine gegenseitig verpflichtende Vereinbarung ausgehandelt und die Bereitschaft erklärt, ihren Parlamenten den Beitritt dazu zu beantragen.
Die Vereinbarung sieht vor, dass die beiden Zentrumskantone Zürich und Luzern für ihr Angebot an überregionalen Kultureinrichtungen von den Vereinbarungskantonen eine wiederkehrende Abgeltung erhalten. Die beiden Zentrumskantone verpflichten sich ebenfalls gegenseitig dazu. Es handelt sich um eine Lastenabgeltung im Sinne der geplanten NFA, die auf einer leistungs- und einer ergebnisorientierten Grundlage erfolgt. Die jeweils für drei Jahre geltende Bemessung richtet sich einerseits nach den definierten anrechenbaren Kosten und anderseits nach der Benützung der Institution durch die Wohnbevölkerung des zahlenden Kantons. Der Ermittlung der Publikumsherkunft kommt entscheidende Bedeutung zu. Gemäss der Vereinbarung ist der Standortkanton für die korrekte Erfassung verantwortlich. Er stützt sich dabei auf die Auswertung der Abonnemente und auf Repräsentativstichproben bei Einzeleintritten.
Um zu definieren, welche Kultureinrichtungen bei der Lastenabgeltung aufgrund ihrer überregionalen Ausstrahlung zu berücksichtigen sind, gelten qualifizierte Kriterien. Der Rahmen ist bewusst eng gefasst, um den nachträglichen Beitritt weiterer Kantone zu dieser Vereinbarung zu erleichtern. Der Einbezug des Opernhauses, des Schauspielhauses und der Tonhalle auf Zürcher Seite sowie des Kultur- und Kongresszentrums Luzern, des Luzerner Theaters und Luzerner Sinfonieorchesters auf der Luzerner Seite war bei den Verhandlungen unbestritten. Auf die Aufnahme weiterer Institute wurde im gegenseitigen Einvernehmen verzichtet. Die Vereinbarung ist aber offen ausgestaltet: Die Liste der überregionalen Kulturinstitute kann mit Zustimmung aller beteiligter Kantonsregierungen geändert werden.
Die Regierungen der Kantone Schwyz und Zug haben auf eine betriebliche Mitsprache bei den einbezogenen Instituten verzichtet. Eine direkte Finanzierung der Kultureinrichtungen, wie sie bisher vom Kanton Zug erfolgt, ist ebenfalls ausgeschlossen. Von den anrechenbaren ungedeckten Kosten der Kultureinrichtung wird ein Standortvorteil von 25 Prozent abgezogen. An den verbleibenden Kosten beteiligen sich die zahlungspflichtigen Kantone gegenüber dem Standortkanton im Verhältnis ihrer Besucheranteile. Besucheranteile ausserhalb des Gebiets der Vereinbarungskantone trägt der Standortkanton. Er ist für die Regelung der Beziehungen zu den einzelnen Kulturinstituten und Trägergemeinden verantwortlich. Die Bevölkerung der Vereinbarungskantone bleibt hinsichtlich Zugang und Eintrittspreisen weiterhin der Bevölkerung des Standortkantons gleichgestellt.
Die Mitbenützung und Mitfinanzierung der zentralörtlichen Kultureinrichtungen durch die Einwohnerinnen und Einwohner anderer Kantone ist seit längerem Diskussionspunkt interkantonaler Verhandlungen. Die ungedeckten Betriebskosten für Opernhaus, Schauspielhaus und Tonhalle belaufen sich auf weit über 100 Millionen Franken pro Jahr. Diesen Aufwand teilen sich zur Zeit Stadt und Kanton Zürich. Mit der 1994 erfolgten Kantonalisierung des Opernhauses und dem 1999 eingeführten Lastenausgleich zu Gunsten der Stadt Zürich wurden im Kanton tragfähige partnerschaftliche Strukturen für die Finanzierung geschaffen. Mit der interkantonalen Vereinbarung soll dieses Kulturangebot durch die beteiligten Zentralschweizer Kantone besser abgegolten werden. Gleichzeitig wird der Kanton Zürich Abgeltungszahlungen an die erwähnten Luzerner Kulturinstitute leisten. Die Standortkantone können ihre Abgeltungszahlen gegenseitig verrechnen. Nach den Musterberechnungen wird der Kanton Zürich bei Wirksamkeit der Vereinbarung voraussichtlich netto um 2,5 Millionen Franken pro Jahr entlastet. Die Inkraftsetzung ist – nach der Ratifikation durch die vier Kantone – auf den 1. Januar 2005 geplant.
Die Vereinbarung ist auf die Grundsätze und Bestimmungen der NFA-Vorlage ausgerichtet. In diesem Rahmen sind für gewisse interkantonal genutzte Leistungsangebote, unter anderem für Kultureinrichtungen von überregionaler Bedeutung, rechtlich verbindliche Abgeltungszahlungen unter den Kantonen vorgesehen. Insofern kommt der Vereinbarung Pilotcharakter zu. Für den Kanton Zürich, der zu den Nettozahlern der NFA gehört und massive Mehrbelastungen zu erwarten hat, ist es entscheidend, dass der interkantonale Lastenausgleich die vorgesehene Wirkung entfaltet. Die Vereinbarung ist aber rechtlich unabhängig von der NFA ausgestaltet. Damit soll insbesondere auch der Tatbeweis erbracht werden, dass die interkantonale Zusammenarbeit ohne bundesrechtlichen Zwang funktioniert.
Vgl. Botschaft des Regierungsrates Luzern an den Grossen Rat zum Entwurf eines Dekrets über den Beitritt zur Vereinbarung über die interkantonale Zusammenarbeit im Bereich überregionaler Kultureinrichtungen